Die Tische des Literaturcafés waren einst die Arbeitsplätze der Literaten
Die Tische des Literaturcafés waren einst die Arbeitsplätze der Literaten © soopahtoe / freeimages.com

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Allein in bester Gesellschaft - Eine Lange Nacht der Literarischen Cafés

Wenn auf einer Serviette eine ganz neue Welt entsteht: Die Literaturcafés sind Geburtsstätten für allerlei Geschreibsel, das sich später als Weltliteratur entpuppte. Da heutzutage das Café als Ort des Schreibens ausstirbt, widmet Deutschlandfunk diesen kulturell relevanten Orten eine "Lange Nacht".

"Habe die Ehre", wispert das Feuilleton hinüber zur Kritik; sie sitzen beide - Tag für Tag - dicht an der Tür, neben dem Zeitungsständer.

Das ist der Ort der rasanten Feder. Denn jederzeit kann ein Redaktionsbote ins Refugium stürzen, um das "Express-Erdachte" zur Druckerei zu expedieren. Das Drama, im hinteren Teil des Reviers Quartier bezogen, wendet sich bei diesem Akt genervt ab. Die Prosa hüstelt pikiert. Neben dem Kuchenbüffet keltert unberührt der Essay schweigend neue Erkenntnisse.

Die Lyrik, vor grünen Ranken platziert, rümpft die Nase und bestellt flüsternd einen kleinen Kaffee; etwas größer darf das Glas Wasser schon sein...! Das muss oft über Stunden die Geister munter halten. Die Kellner helfen schon mal aus mit einem Verb, einem Synonym, einer Briefmarke oder Telefonmünze. Das meiste hier geht auf Kredit. Mitunter sitzen sie mit knurrendem Magen gebeugt über weißem Papier oder fleckigen Zeitungsrändern und entwerfen große Gedanken, Gestalten und Schicksale; einiges davon wird Weltliteratur.

Diese Stammgäste kennt hier jeder: Peter Altenberg, Joseph Roth, Alfred Kerr, Stefan Zweig, Arthur Rimbaud, André Gide, Jean Genet, William Faulkner, Henry Miller, Ernest Hemingway, Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir und Anna Seghers, James Joyce, Albert Camus, Michel Deguy, Sándor Petöfi, György Konrád, Franz Kafka...

Die Kaffeehäuser sind ihre Wohn- und Arbeitszimmer und mache haben es zur Legende, zum Mythos gebracht: in Paris das de Flore, les Deux Magots, la Rotonde, de la Paix; in Wien das Hawelka, Central, der Herrenhof oder das Griensteidl; in Budapest das Gerbeaud, Eckermann oder Ruszwurm...

Heute sucht man dort die Dichter wohl zumeist vergeblich. Wie ein Exot wirkt, wer nach zwei Stunden immer noch am ersten Mokka nippt und auf Servietten herumkritzelt. Er erinnert aber - wie diese "Lange Nacht" - an etwas, was viele für die sympathischste Weltanschauung hielten - das Literaturcafé.

Allein in bester Gesellschaft - Eine Lange Nacht der Literarischen Cafés im Überblick

Sendezeit Sa, 11.07.2015 | 23:05 - 02:00 Uhr
Sendung Deutschlandfunk "Lange Nacht"
Radiosendung