Ökonomische Verhältnisse werden im Hörspiel auch in zwischenmenschlichen Beziehungen sichtbar
Ökonomische Verhältnisse werden im Hörspiel auch in zwischenmenschlichen Beziehungen sichtbar © mompes / freeimages.com

Hörspiel

"Familien Unternehmer Geister" - Liebe ist kälter als Kapitalismus

Geliebt zu werden, schadet nur, denn Liebe ist ein Wettbewerbsnachteil. Der Ansicht sind zumindest die Eltern des Unternehmersohnes im Hörspiel. Dieser weigert sich beharrlich, die Firma zu übernehmen, obwohl Mutter und Vater doch nur das Beste für ihn wollen und ihre Liebe deshalb unterdrücken.

Der Sohn will nicht. Er will einfach nicht. Er will die Firma nicht übernehmen. So sehr ihm Vater, Mutter, Schwester auch zureden, ihn bedrohen, ihn zu überzeugen versuchen - er will einfach nicht.

"Du hast mich nicht geliebt", sagt er zum Vater. Doch der Vater wollte nur das Beste. "Ich habe dich absichtlich nicht geliebt", sagt er, "damit du einmal die Firma übernehmen kannst." "Ich habe dich nicht geliebt, damit aus dir einmal ein Unternehmer wird."

"Familien Unternehmer Geister" bildet den abschließenden Teil einer Trilogie, in der Robert Woelfl sich mit den Abgründen der freien Marktwirtschaft und mit Menschen, die zunehmend unter den Zwängen ihrer profitorientierten Tätigkeit leiden, auseinandersetzt (1: "Ressource Liebe", 2: "Wir verkaufen immer").

In glasklaren und bitterkalten Sätzen macht Woelfl deutlich, dass der Kapitalismus nicht nur ein Wirtschaftssystem ist. Ökonomische Verhältnisse werden in Beziehungen, und Beziehungen wiederum als Sprache sichtbar.

"Geliebt zu werden", sagt die Mutter, "schadet einem nur. Geliebt zu werden, ist ein Wettbewerbsnachteil. Meine Eltern haben mich nicht geliebt, damit ich es einmal besser habe."

Zum Autor

Robert Woelfl, 1965 in Villach geboren, lebt als freier Schriftsteller in Wien. Ab 1984 studierte er Bildhauerei am Mozarteum in Salzburg und ab 1985 Freie Grafik an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Zeitgleich besuchte er die Lehrkanzel für Kommunikationstheorie bei Roy Ascot. Zusammenarbeit mit verschiedenen Künstlergruppen im transmedialen Bereich. Neben Videoessays entstehen Hörstücke und ab 1995 vermehrt Theaterstücke. Auszeichnungen (Auswahl): Jakob-Michael-Reinhold-Lenz-Preis der Stadt Jena für neue Dramatik (2000), Autorenpreis der deutschsprachigen Theaterverlage (2001) und Dramatikerpreis des Stadttheaters Klagenfurt (2010). Seit 2011 hat Woelfl einen Lehrauftrag für Szenisches Schreiben am Institut für Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Seit 2012 leitet er die Hörspieltage in Neulengbach in Niederösterreich.

"Familien Unternehmer Geister" im Überblick

Familien Unternehmer Geister

von Robert Woelfl

Mit Martin Schwab, Corinna Kirchhoff, Meriam Abbas, Rupert Henning

Produktion: 2011

Sendezeit So, 06.09.2015 | 23:30 - 00:00 Uhr
Sendung MDR KULTUR "Hörspiel"
Radiosendung