Maikäferspiritus

"Ich war nie an der See", sagt Martha. Sie sagt es mehr zu sich als zu Martin, ihrem Mann, der sich mit einem Taschenrechner abquält: "Dieser ganze moderne Firlefanz, mit dem Rechenstab ging es doch auch." Seit seiner Pensionierung gibt Martin Nachhilfestunden.

Er nimmt diese Aufgabe so ernst, dass er unter keinen Umständen die Reise an die See antreten möchte, die die Schule ihm und seiner Frau für sein Engagement in der Nachhilfe geschenkt hat.

Es wäre das erste Mal, dass Martha nicht kochen müsste und in einem Hotelbett liegen dürfte. Aber Martin lässt nicht mit sich reden, er redet ohnehin kaum mit Martha, vergräbt sich in immer neuen Aufgaben. Kennt er die Frau überhaupt, mit der er sein ganzes Leben verbracht hat?

Seit die Kinder aus dem Haus sind, hat Martha zu viel Zeit. Schließlich entdeckt sie ein Mittel gegen die Einsamkeit: Sie hält Autos an und lässt sich mitnehmen. Aber die Leute reden hinter ihrem Rücken und schließlich glaubt auch Martin, dass mit seiner Frau etwas nicht stimmt, mit ihrem Gedächtnis.