Die DDR hielt Biermann vorerst für das "bessere" Deutschland
Die DDR hielt Biermann vorerst für das "bessere" Deutschland © Swen Grundmann / PIXELIO

LiteraturWort & Sport

'Warte nicht auf bessre Zeiten' Autobiographie | Teil 6 von 15

Teil 6/15 | Seine Familiengeschichte lässt sich nicht vom Nationalsozialismus des Dritten Reiches trennen, seine persönliche Geschichte nicht von der Diktatur der DDR. Wolf Biermanns außergewöhnliche Biografie macht traurig, betroffen und lässt einen hier und da schmunzeln. Eindrücklich und Intensiv erzählt.

Selten sind persönliches Schicksal und deutsche Geschichte so eng verwoben wie bei Wolf Biermann.

Mit 16 ging er in die DDR, die er für das bessere Deutschland hielt. Hanns Eisler ermutigte ihn, Lieder zu schreiben, bei Helene Weigel assistierte er am Berliner Ensemble. Dann fiel er in Ungnade, erhielt Auftritts- und Publikationsverbot. Die Stasi observierte ihn rund um die Uhr, während er im Westen gefeiert und geehrt wurde. Die Proteste gegen seine Ausbürgerung 1976 gelten als Anfang vom Ende der DDR.

Eindringlich erzählt Biermann vom Vater, der als Jude und Kommunist in Auschwitz ermordet wurde, von der Mutter, die ihn aus dem Hamburger Bombeninferno rettete, vom väterlichen Freund Robert Havemann, mit dem er das Los des Geächteten teilte.

Er führt uns in die absurde Welt der DDR-Diktatur mit ihren Auswüchsen, aber auch ihren täglichen Dramen menschlicher Widerständigkeit. Und er erzählt von seinen in den Westen geschmuggelten, im Osten heimlich kursierenden Liedern, deren "Verskunst, robuste Rhetorik und gewaltige Sprachkraft" Marcel Reich-Ranicki lobte.

Seine Autobiographie überrascht mit wenig bekannten Wendungen in Biermanns Lebenslauf: Seinem Zusammenstoß mit Wilhelm Piecks mächtigem Bauch, einem Eineinhalb-Salto, rückwärts gehechtet, mit dem Wolf Biermann beim Turmspringen einen 1. Platz errang oder dem Besuch von Joan Baez in seiner Ost-Berliner Wohnung.

Biermanns Erinnerungen lesen sich daher auch wie ein Schelmenroman in bester schweijkscher Manier. Ein einzigartiges Zeitzeugnis.

"'Warte nicht auf bessre Zeiten' Autobiographie" im Überblick

'Warte nicht auf bessre Zeiten' Autobiographie

von Burghart Klaußner und Wolf Biermann

Sendezeit Fr, 28.10.2016 | 19:00 - 19:35 Uhr
Sendung MDR KULTUR "Lesezeit"
Radiosendung