Auf der Spurensuche nach ihrer Mutter
Auf der Spurensuche nach ihrer Mutter © Joe Batluck / freeimages.com

LiteraturLesung

Andrea Roedig: Man kann Müttern nicht trauen

In der Sendung "Andrea Roedig: Man kann Müttern nicht trauen" geht es um das Memoire von Andrea Roedig, deren Mutter in eine Metzgerdynastie einheiratete. In ihrem Werk beschäftigt sich die Autorin unter anderem mit Identitäten und einer Diskussion um Klassismus.

Der Wurstwarenladen Erkelenz-Roedig bietet herausragende Wurstprodukte an und war in Düsseldorf eine der drei größten Metzgereien. Der Laden befand sich im Stadtteil Bilk, der besonders katholisch geprägt und dort schon eine Institution war. Andrea Roedig wird in diesen Betrieb hineingeboren.

Franz-Josef ist der Vater von Andrea und er kommt aus dieser Metzgerdynastie. Lilo ist ihre Mutter. Sie heiratete in diese Familie ein und wird immer als die Fremde gesehen, "die Frau ohne Genealogie". Das Memoire von Andrea Roedig dreht sich um ihre Mutter, die eine große Leere hinterlässt.

Andrea Roedig fragt sich, wer ihre Mutter überhaupt war und wie sie zu der Frau wurde, die ihre Kinder einerseits quälte und andererseits verwöhnte. Wie konnte sie gemeinsam mit ihren Kindern lachen und sie dann verlassen? Was waren die Träume und Ziele ihres Lebens und wonach richtete sie sich? Wie beeinflusste die Zeit nach dem Krieg ihr Leben? Waren Insolvenz, Alkoholismus und Scheidung eine Folge der Nachkriegszeit oder waren sie eine Ursache?

Welches Recht haben Kinder über das Leben der Eltern zu urteilen und zu schreiben? Welchen Einfluss hat der Scham der Eltern und die der Kinder auf das Ganze? Die Erinnerungen der Frau lösen eine Diskussion über Identität und Klassismus aus und beschäftigen sich mit der Memoirenliteratur, die von Bov Bjerg, Didier Eribon bis zu Christian Baron und Annie Ernaux reicht sowie das autofiktionale Schreiben thematisiert.

Das Werk dokumentiert die Nachkriegsjahrzehnte und gibt einen intimen Einblick in das Leben einer westdeutschen Familie. Es wird außerdem deutlich, dass die Vergangenheit nicht endet, wenn sie totgeschwiegen wird.

"Andrea Roedig: Man kann Müttern nicht trauen" im Überblick

Andrea Roedig: Man kann Müttern nicht trauen

von Andrea Roedig

Produktion: 2022

Sendezeit Di, 27.09.2022 | 22:00 - 22:30 Uhr
Sendung hr2-kultur "Spätlese"
Radiosendung