Cantos

Aus einem Konvolut aus über 110 Cantos hat Christian Bertram knapp dreißig ausgewählt, die stellvertretend die wesentlichen Motive des gesamten Konvoluts Ezra Pounds repräsentieren.

Ezra Pounds (1885-1972) war amerikanischer Dichter und Avantgardist, der über fünfzig Jahre hinweg ein 110 Cantos-starkes Hauptwerk schuf, das erstmals 2012 in seiner Gesamtheit auf Deutsch erschien. Sie zählen zu den wichtigsten Zeugnissen der modernen Dichtung, da sie als im "work-in-progress" entstandene Texte stetig die gegenwärtige Menschheitsgeschichte verarbeiten konnte. Somit entstand auch ein poetisch-lebendiger Diskurs, der von rhetorischer und bildhafter Brillianz lebt und von den Figuren, die illustriert werden.

Anlass gab Pound der Ausbruch des ersten Weltkriegs, der die ersten Cantos 1915 inspirierte. Das zentrale Element der Texte scheint der Wandel und die Verwandlung, egal zu welchem Jahr sie produziert wurden. Schubweise veröffentlichte Pounds 110 dieser Cantos bis in die 1960er Jahre hinein. Christian Bertram wählte für dieses Hörspiel knapp dreißig von ihnen, um das Gesamtwerk zu repräsentieren. Dies ist keine leichte Aufgabe bei einem Epos, dass sich dramaturgisch über mehrere Epochen spannt und dabei die großen Kriege genauso wenig auslässt wie Homers Odyssee oder die Machenschaften der Finanzindustrie.

Dem Chaos versucht Pound Lösungsansätze aus anderen Kulturkreisen entgegenzusetzen, die auf Traditionen Afrikas, Chinas und der Antike basieren, um nach Pound "eine Brücke zu schlagen über Welten". Dazu gehören auch das Imaginieren eines "irdisches Paradiso", das sich wie ein roter Faden durch das Hörstück zieht. Pounds Ziele waren es, neue Denk- und Handlungsräume zu erschließen und variiert auch aus diesem Zwecke heraus Erzählsituation und Haltung. Wir hören alles von Bericht, provokatorischer Rede, szenischen Dialogen, Rezitation, über Lecture und Aufrufung bis hin zu Klang, Gesang, Feier und Manifest.