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Zum Raum wird hier die Zeit - Eine Lange Nacht über Hamburg
Hamburg gibt sich gerne immer noch als Tor zur Welt, Hafen und Landungsbrücken bieten Stoff zum Sehnsuchtsort, Touristen stürmen in die Hansestadt. Doch Hamburg polarisiert auch: Wohnungsnot, G20-Ausschreitungen, Olympia. Gibt es noch ein "Hamburg für alle"?
Das Stadtmarketing Hamburgs funktioniert nicht nur nach außen, wenn jährlich zwölf Millionen Besucher in der Hansestadt übernachten, um sich die Landungsbrücken, den Elbstrand und die Speicherstadt anzuschauen. Auch nach innen bekräftigt es ein Selbstbild der Stadt, das reproduziert wird: Der Hamburger liebt sein Astra, seine nordisch reservierte Art und den Spaziergang an der Elbe. Und den Aufstand, wenn es um städtische Partizipation geht.
Hamburg stellt als "Tor zur Welt" einen Sehnsuchtsort dar, der sich nicht an einem Tag auf der Hafenfähre erschließen lässt. Die "Lange Nacht" stellt den Wahlhamburger Michael Batz vor, der als Lichtkünstler und Regisseur jedes Jahr mit einem eigenen Ensemble den "Hamburger Jedermann" in der Speicherstadt aufführt - und damit den Hanseaten literarisch den Spiegel vorhält.
Denn der Lokalpatriotismus fußt auf Geschichte. Seit dem frühen Mittelalter ist Hamburg eine florierende Hafenstadt mit hohem Umschlagswert. Im 19. Jahrhundert stieg sie in die Riege der modernen Großstädte. Kontorhäuser in der Speicherstadt avancierten zu Weltkulturerben und Symbol der Stadt, auch der Zweite Weltkrieg hinderte die Stadt nicht daran, wichtig zu bleiben.
Auf der unschöneren Seite aber, vor allem hinter den Häuserwänden, polarisiert die Stadt allerdings. Gentrifizierung, Wohnungsknappheit und Investorencoups in der neuen Hafencity führen dazu, dass nur noch ein Drittel sich ihr Heim leisten können, wem gehört Hamburg denn? Traditionell den Sozialdemokraten, Lutheranern und wohlhabenden (Händlern).
Als neuestes Leuchtturmprojekt dann die Eröffnung der Elbphilharmonie Januar 2017, viel später und teurer als geplant. Das Motto der Feier war das berühmte Wort des Parsifals von Richard Wagner, „Raum, der zur Zeit wird“. Es steht auch für die Freie und Hansestadt Hamburg, wo Reichtum und Ungeduld immer wieder Veränderungen bringen. Die Frage ist, ob diese aus Hamburg eines machen, in dem kein Hamburger mehr leben will.
"Zum Raum wird hier die Zeit - Eine Lange Nacht über Hamburg" im Überblick
Zum Raum wird hier die Zeit - Eine Lange Nacht über Hamburg
von Dirk Meyhöfer
Mit Regie: Jan Tengeler
Sendezeit | Sa, 28.04.2018 | 00:05 - 03:00 Uhr |
Sendung | Deutschlandfunk Kultur "Lange Nacht" |