Fragile Figuren: "Wenn man ein gleichschenkliges Dreieck auf den Kopf stellt"

Das Beziehungsgeflecht dreier alter Menschen: zwei davon Schwestern und einer der Ehemann der älteren, der aber einst mit der jüngeren liiert war. Zwischen den Protagonisten entspinnt sich ein Gespräch, worin sie ihre Erinnerungen an die Kindheit und spätere Ereignisse aufzuarbeiten versuchen.

Im Roman "Landgericht" wandte sich Ursula Krechel den Traumata von Emigranten zu.

Nun beschäftigt sie sich in ihrem Hörspiel mit fragilen Figuren, die ihre aufgestörten Kinderängste weitergeben müssen. Ihre inneren Bilder ersticken sie: die "Frau mit den disziplinierten Ellenbogen", die "Frau mit den entblößten Zahnhälsen" und der "Mann mit den nervösen Fingern".

Der Ehemann, erst mit der jüngeren liiert und dann mit der älteren ("Er lag bei dir nur herum, er passte besser in meine Wohnung als in deine"), ist für beide keine Stütze zum Eigensinn geworden.

Und die Mutter starb bereits, als die jüngere Tochter erwachsen wurde: "'Dreimal habe ich meine Mutter verloren.' 'Was heißt hier deine Mutter?' 'Ich habe sie verloren. Du hast sie behalten, an dich gezerrt, dich an sie geschmiegt. Ich habe sie dreimal verloren. So lernte ich zählen.'"

Zum Autor

Ursula Krechel, geboren 1947 in Trier, studierte 1966 bis 1971 in Köln Germanistik, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte, promovierte, war Theater-Dramaturgin und arbeitete mit jugendlichen Untersuchungsgefangenen an Theaterprojekten. Sie lebt seit 1972 als freie Schriftstellerin in Berlin. Sie erhielt mehrere Literatur-Dozenturen und wichtige Preise, zuletzt 2012 den "Deutschen Buchpreis" für ihren Roman "Landgericht". Sie verfasst Lyrik, Prosa, Theaterstücke, Essays und Features. Zudem schreibt sie Hörspiele, zuletzt "Liebes Stück" (2003), "Meine Stimme ist mit den Fischen geschwommen" (2004) und "Festbeleuchtung der Nacht" (2007).