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Hörspiel

Hörspiel des Monats - Normalverdiener

Die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste: Sie hätten etwas sagen, sie hätten etwas tun sollen: Aber sie haben nichts gesagt, und sie haben nichts getan.

Diese Gruppe von „Normalverdienern“, Ärzten, Architekten, Juristen, Agenturbesitzern, Existenzgründern, die auf Einladung ihres ehemaligen Schulkameraden in dessen Luxusresort auf einer thailändischen Insel ein paar Tage Urlaub machen und in der Faszination für IHN, der es mit Geldgeschäften zu sagenhaftem Reichtum gebracht hat, komplett aufgehen.

Dass ER nicht auftritt und nur ein-, zweimal im Hintergrund am Telefon zu hören ist, ist in Kathrin Rögglas Hörspiel „Normalverdiener“ folgerichtig: Der Finanzmogul erscheint als der Gott unserer Zeit, auf den die Vertreter der Mittelschicht mit Angstlust starren wie das Kaninchen auf die Schlange.

Er gibt den Ton an, er beherrscht die Diskussionen, er entscheidet, was knallharte Realität ist und was naives Gutmenschentum - obwohl oder gerade weil er akustisch abwesend ist.

Und so fällt alles zurück auf den mehrstimmigen Chor der Feiglinge und Mitläufer, die noch nicht einmal reagieren, als die Leichen von Bootsflüchtlingen vor der Küste angeschwemmt werden, und sich statt dessen mit den fadenscheinigsten Rechtfertigungen vor der Verantwortung drücken.

Kathrin Rögglas Verfahren, das Personal ihres Hörspiels fast durchgehend im Konjunktiv sprechen zu lassen, ist entlarvender als jeder kritische Diskurs und jede Psychologisierung.

Ihr Zugriff auf Sprechweisen, die ungefiltert ins Ohr dringen, macht sich die Möglichkeiten des akustischen Mediums in besonderer Weise zunutze. Mit dieser subjektlosen ästhetischen Methode zielt „Normalverdiener“ ins Herz der globale Ökonomisierung aller Lebensverhältnisse.

"Hörspiel des Monats - Normalverdiener" im Überblick

Hörspiel des Monats - Normalverdiener

von Kathrin Röggla

Produktion: 2016

Sendezeit Sa, 01.10.2016 | 20:05 - 22:00 Uhr
Sendung Deutschlandfunk "Hörspiel"
Radiosendung