Eine Big Band thematisiert den Krieg: Mike Westbrooks "Marching Song"

1969 nimmt der englische Pianist und Komponist und Arrangeur Mike Westbrook mit "Marching Song" eine beeindruckende Suite zum Thema Krieg auf. Seine Concert Band vereint führende Vertreter der britischen Szene und kreiert eine tour de force mit ekstatischem Free-, Modern- und Soul-Jazz.

Der viel zu wenig bekannte Meilenstein des orchestralen Jazz ist nun mit Bonusmaterial wiederveröffentlicht worden. Mike Westbrooks "Marching Song" erschien 1969 - als Suite konzipiert - auf zwei LPs, "Vol1" und Vol.2".

Bezüge zum Vietnam-Krieg werden vom Pianisten und Komponisten nie explizit formuliert - es geht ihm um das Thema Krieg ganz allgemein -, dennoch ist die Musik vor dem Hintergrund der damaligen aktuellen Geschehnisse und der wachsenden Antikriegsbewegung entstanden.

Hier geht es nicht nur um die klangliche Darstellung kriegerischer Aktionen, also um eine Art Programmmusik, sondern auch um die Befindlichkeiten der Beteiligten - während, zwischen und nach den Kampfhandlungen. Zu seiner Concert Band, die dem Bandleader den Ruf einbringt, der "britische Charles Mingus" zu sein, gehören führende Vertreter der jungen britischen Free- und Modern-Jazz-Szene, unter ihnen Kenny Wheeler, Paul Rutherford, Michael Gibbs, John Surman, Alan Skidmore, Harry Miller, Barre Philips und John Marshall.

"Marching Song" ist ein Dokument seiner Zeit, zugleich aber auch im positiven Sinne und angesichts der Thematik auf erschreckende Weise zeitlos. Grund genug, diesen viel zu wenig bekannten Meilenstein des orchestralen Jazz wieder zu veröffentlichen.

Die Neuauflage gewinnt noch durch einen ausführlichen, exzellenten Booklet-Text und eine dritte Bonus-CD mit bislang unveröffentlichten Aufnahmen des Mike Westbrook Sextetts und Quartetts von 1966 und 70.