Insekten und Einhörner - Der Künstlerbriefwechsel zwischen Jean Dubuffet und Valère Novarina

Leopold von Verschuer rekonstruiert den Briefwechsel zwischen dem Art-Brut-Meister Jean Dubuffet und dem zu der Zeit noch unbekannten Autor Valère Novarina.

Briefwechsel stellen seit jeher einen intimen und authentischen Einblick in die persönlichen Verflechtungen von Personen des öffentlichen Lebens dar. Leopold von Verschuer rekonstruiert die Beziehung des bedeutenden Art-brut-Meisters Jean Dubuffet zu dem bis zu jenem Zeitpunkt noch unbekannten Autor Valère Novarina und zeugt von einer berührenden Weitsicht des Altmeisters.

Mit 77 Jahren befand sich Dubuffet auf dem Höhepunkt seiner Karriere und war dementsprechend reich an Erfahrung, die er dem Jungautor Novarina weitergeben konnte. Dieser hatte einen radikalen Ansatz der Sprachkunst, der von der Literaturwelt erst noch verarbeitet werden musste. Die Kühnheit aber würdigt Dubuffet bereits leidenschaftlich und sieht eine große Zukunft voraus, gemahnte ihn aber auch zu Selbstreflektion. Dabei entstand ein Katalog mit 24 Fragen. "Können Sie malen?" fragt er beispielsweise, oder: "Zerstören Sie?" - "Sind Sie verrückt?"

Jener Briefwechsel erschien 2014 unter dem Titel "Personne n’est à l’intérieur de rien" (Niemand ist im Inneren von nichts) im Verlag L’Atelier contemporain, Verschuer übersetzte sie und setzte die wichtigsten klangvoll zu einem Hörspiel zusammen.

Jean Dubuffet wurde 1901 im französischen Le Havre geboren und starb 1985 in Paris. Er avancierte zum Hauptvertreter einer anti-intellektuellen Kunst, für die er den Begriff "Art-Brut" prägte. Er war als Maler, Bildhauer, Collage- und Aktionskünstler tätig. Zu seiner Zeit musste er den Begriff und seine Gemälde, die vom Bildvokabular von Kindern, Naiven, Außenseitern und psychisch Erkrankten inspiriert sind, in kunsttheoretischen Aufsätzen verteidigen, heute sind Dubuffets Werke und Sammlungen in zahlreichen internationalen Museen vertreten.

Der 1947 bei Genf geborene Valère Novarina, ist ein französisch-schweizerischer Schriftsteller, Theaterregisseur und Maler. Uraufgeführt wurde er erstmals 1974, seine ausufernden Sprachkunstwerke wurden zunächst nur in Avantgarde-Zeitschriften veröffentlicht, ab 1984 jedoch im renommierten Verlag P.O.L Paris. Seit 1986 inszeniert er regelmäßig seine eigene Uraufführungen beim Festival d’ Avignon in den von ihm bemalten Bühnenbildern. 2006 wurde ins offizielle Repertoire der Pariser Comédie Française aufgenommen. 1980 begann Novarina als gestische Fortführung des Schreibens öffentlich zu zeichnen und in der Folge auszustellen.