Das Geheimnis der Pop-Formeln

Wie ein Radiohit entsteht - Erfolg ist kein Zufall

Mit drei einfachen Akkorden rückt die Goldene Schallplatte in greifbare Nähe
Mit drei einfachen Akkorden rückt die Goldene Schallplatte in greifbare Nähe © Kimberly Vohsen / stock.xchng

3. Seite: Ein Radiohit muss ins Format passen

Das würde erklären, warum es für Tanja Ötvös, die als Head of Music bei Radio Hamburg für die Musikauswahl verantwortlich zeichnet, von Bedeutung ist, dass ein Song den Hörer emotional berührt. "Ein Radiohit hat etwas Besonderes an sich, entweder eine spezielle Instrumentierung oder Melodieführung. Wichtig ist ein großer Wiedererkennungswert, nach zwei- bis dreimaligem Hören muss er 'hängen' bleiben", sagt die Musikchefin.

Tanja Ötvös muss bei Radio Hamburg Radiohits erkennen
Tanja Ötvös muss bei Radio Hamburg Radiohits erkennen © Radio Hamburg

Und er muss ins Format passen, "da kann eine Schlagernummer noch so catchy sein", weiß Ötvös um die Regeln, die bei den meisten Radiosendern greifen. "Musik darf heute nicht mehr wehtun", beschwert sich hingegen Franz Plasa. "Die ganz lauten, die ganz wilden, die ganz emotionalen Sachen, die werden nicht gespielt. Musik als Initiation für Gefühle, für Lebensstimmung, für Abschnitte in seinem Leben: Das gibt es heute ja kaum noch. Diese Kraft hat die medial vermittelte Musik nicht mehr."

Die Radiolandschaft Deutschlands ist begrenzt auf wenige Pop-Formeln

Für Produzenten wie Plasa, die Wert auf musikalische Qualität legen und über einen umfangreichen Schatz an analogem Soundequipment verfügen, kann das nervenaufreibend sein. "Wir bauen uns manchmal einen Bass zusammen und es dauert vier bis fünf Stunden, bis wir einen Sound haben, der uns befriedigt - und dann hört sich der A&R das auf einem Laptop an, der gar keinen Bass hat. Das ist schizophren", kritisiert der Erfolgsproduzent die Entwicklungen im Musikgeschäft.

Hören wir also tatsächlich immer dasselbe, egal, welchen Radiosender wir einschalten? Nach Kramarz konzentrieren sich die Stationen in Deutschland je nach Klientel auf einige wenige Formeln, die die Musikauswahl bestimmen. "Wenn ein Alien über diese Radiolandschaft fliegen würde und wenn es bewusst Musik analysieren könnte, würde es sich schon wundern. Aber es wäre vielleicht auch sehr beeindruckt davon, was wir mit den immer gleichen Mustern im Endeffekt hinbekommen."