Am Tisch mit Hubert Wolf, "Geheimarchiv-Forscher"

Der renommierte Kirchenhistoriker Deutschlands Hubert Wolf bekam den Zugang zu dem vatikanischen Archive für die Amtszeit von Pius XII, den Papst der Hitlerzeit, als sie im März 2020 geöffnet wurde. Schon in der ersten Woche hat er eine Sensation in den vatikanischen Dokumenten gefunden.

Hubert Wolf konnte belegen, dass der Vatikan 1942 über die Massenvernichtung von Juden Bescheid wusste. Mit seiner Forschungsarbeit will Hubert Wolf die Frage beantworten, warum Papst Pius XII. zur Massenvernichtung des jüdischen Volkes geschwiegen hat. Doch die Sichtung kann noch einige Jahre andauern, da das Material über 200.000 Akteneinheiten umfasst.

Der renommierte Kirchenhistoriker Hubert Wolf ist von Beruf Priester und lehrt an der Universität Münster. In seinem aktuellsten Buch beklagt er die Erstarrung der Kirche. Ein Ergebnis aus dem 19. Jahrhundert. Hier liegt der Schwerpunkt seiner These in der Unfehlbarkeitserklärung des Ersten Vatikanischen Konzils, die zur ausgeprägten Monarchisierung und Hierarchisierung der Kirche einen entscheidenden Beitrag geleistet hat. In Hinsicht auf die Rolle der Frau war die Kirche vor der Zeit der Unfehlbarkeitserklärung wesentlich fortschrittlicher gewesen. Es gab starke Äbtissinnen im Mittelalter mit kirchenleitenden Befugnissen.

Im Gegensatz zur katholischen Kirche, die ihre Tradition fortführt und sich gegen Reformen sträubt, möchte Wolf durch die Betrachtung früherer Traditionen neue Reformen und Möglichkeiten offerieren.