Das stille Örtchen aus Sicht der Literatur
Das stille Örtchen aus Sicht der Literatur © ntmw / iStock.com

Feature

Besetzt! - Literarische Annäherungen an den "stillen Ort"

Einen langen, übersehenen Schauplatz menschlicher Leidenschaften und Kämpfe haben Dichter, Dramatiker und Erzähler in ihrer Literatur nicht erfasst. Peter Handke hat sich in seinem Werk "Versuch über den Stillen Ort" damit auseinandergesetzt.

Dichter, Dramatiker und Erzähler haben schon lange einen Ort menschlicher Leidenschaften und Kämpfe übersehen. In seinem Werk "Versuch über den Stillen Ort" hat Peter Handke die Toilette als "Grundanderes" bezeichnet, an dem man in einem "großen Aufatmen: Endlich allein!" seinen unverwechselbaren Ausdruck findet.

Diese Anerkennung mag überraschen, ist jedoch nicht neu. Bereits James Joyce beschrieb, wie Leopold Bloom mit einer Zeitung in eine marode Toilette flüchtet und seine Gedanken dort fließen lässt wie anderswo. Ob Bertolt Brecht oder Erich Maria Remarque, ob Max Frisch, Günter Grass, Hans Magnus Enzensberger, Henry Miller, Jonathan Franzen, J.M. Coetzee oder Péter Nádas, die Liste der Schriftsteller ist nicht kurz, die in die Tabuzone der wohl menschlichsten aller Bedürfnisse vorgedrungen sind.

Ihre Herangehensweisen sind allerdings sehr unterschiedlich. Für Elfriede Jelinek ist die Toilette kein stilles und ruhiges Örtchen, sondern eher ein Ort der Demütigung und Gewalt. Victor Hugo sah in der Geschichte der Abwasserkanäle die Geschichte der Menschheit. Und mehr als 100 Jahre später stimmt auch Mario Vargas Llosa zu, wenn er sagt, dass die Toilette das "Flaggschiff von Zivilisation und Fortschritt" sei, nicht das Buch oder das Internet. Denn für mindestens ein Drittel der Weltbevölkerung ist sie ein unerschwinglicher Luxusartikel.

"Besetzt! - Literarische Annäherungen an den "stillen Ort"" im Überblick

Besetzt! - Literarische Annäherungen an den "stillen Ort"

von Beate Ziegs

Sendezeit So, 14.04.2024 | 22:03 - 23:00 Uhr
Sendung Deutschlandfunk Kultur "Literatur"
Radiosendung