"Feuer an bloßer Haut - Franz Kafka und Milena Jesenská"

Der Autor Franz Kafka hatte mit der Übersetzerin Milena Jesenská einen leidenschaftlichen Briefwechsel. Dieser Dialog des Paares bietet die Grundlage dieser literarischen Fiktion, die hier rekonstruiert wurde. Diese Sendung erzählt eine der ausgefallenen Liebesgeschichten des letzten Jahrhunderts.

Wir schreiben das Jahr 1920. Milena Jesenská ist 24 Jahre alt und in ihrer Heimatstadt Prag bestens bekannt. Als 19-jährige heiratete sie den jüdischen Schriftsteller Ernst Polak.

Ganz zur Empörung ihres Vaters, einen antisemitisch-nationalistischen Professor, dessen menschenverachtenden Überzeugungen hatte sie sich schon immer entgegengesetzt. Dann trifft sie Kafka über ihre Arbeit bei der tschechischen Zeitungen. Dort übersetzt sie unter anderem seine Erzählungen. Doch kennen tun sich Kafka und Jesenská  bereits über die Prager Literaturgemeinschaft, wo sie beide verkehrten.

Nachdem sie sich schon einige Male zu Literatur- und Übersetzungsfragen ausgetauscht hatten, avancierte ihre Korrespondenz im Jahre 1920 zu einer angehenden Romanze. Ihr Briefwechsel wurde derart intensiv, dass der 13 Jahre ältere Autor Milena überzeugte, ihn nach ihrer Meraner Kur in Wien zu besuchen.

Als es so weit ist, sind beide von ihrer Begegnung überwältigt. Trotzdem trennten sich ihre Wege wieder. So weit, dass Kafka in einem letzten Brief dieser romantischen Korrespondenz wieder zum “Sie“ zurückkehrt. Der Briefwechsel zwischen ihm und Milena ist unter dem Titel “Briefe an Milena“ unzählige Male vervielfältigt und gelesen worden, wenngleich Milenas Briefe verschollen blieben.

Die "literarische Fiktion, hergestellt aus Originalen" von Rolf Schneider, versucht, diese Lücke zu schließen. Der hier entwickelte Dialog des kuriosen Paares zeugt von einer tiefen Beschäftigung mit Milenas Leben, ihrer Arbeit im Feuilleton und einem großen empathischen Akt, der ihrer Liebe und Zuneigung auf die Spur zu kommen versucht.

Milena war Jahrgang 1896, geboren am 10. August in Prag. Auch nach Kafkas Tod blieb ihr Schaffen von Bedeutung, sie wurde zu einer der bedeutendsten Publizistinnen des ersten tschechoslowakischen Staates in steter Überzeugung, die kommunistische Linke bedeute das letztendliche Glück der Republik. Nachdem sie den Stalinismus kritisiert, schloss man sie 1936 aus der Partei aus. Ihren Tod fand sie am 17. Mai 1944, nachdem sie im November 1939 der Gestapo zum Opfer fiel und ins Konzentrationslager Ravensbrück gebracht wurde.