Verborgenes aus dem 2. Weltkrieg taucht in den Alpen wieder auf
Verborgenes aus dem 2. Weltkrieg taucht in den Alpen wieder auf © Conny Agel / pixelio.de

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Anatomie einer Geheimdienstaktion

Die Operation Greenup in den Vereinigten Staaten gilt als eines der prominentesten und effektivsten Geheimdienstmanöver gegen das Nazi-Regime im Zweiten Weltkrieg. Der Einsatz fand in Österreich statt, blieb jedoch dort weitgehend unbekannt. Dank des engagierten Einsatzes von drei Agenten und ihrer Unterstützer:innen kapitulierten die Nazis in Innsbruck ohne Widerstand. Kürzlich tauchten Überbleibsel dieser Mission im ewigen Eis der Stubaier Alpen auf.

Im August 2025 entdeckten die Ötztaler Museen auf dem Sulztalferner in den Stubaier Alpen einen bemerkenswerten Fund. Es handelt sich wahrscheinlich um Material von Fallschirmen der amerikanischen Geheimdienstmitarbeiter von "Operation Greenup" aus der Kriegszeit. Nach acht Jahrzehnten im Gletscher kam es nun wieder ans Tageslicht.

In einer kalten Nacht im Februar 1945 stürzten sich drei amerikanische Spione mit Fallschirmen über den Stubaiern ab. Ihre Aufgabe war es, in der Umgebung von Innsbruck eine geheime Funkzentrale zu etablieren, um den Zugverkehr über den Brenner zu überwachen und Daten über die sogenannte "Alpenfestung" zu sammeln. Franz Weber, ein täuferischer Katholik und Fahnenflüchtiger der Wehrmacht aus Oberperfuss in Tirol, gehörte zu jenen Agenten, die diesen abenteuerlichen Streich vollführten. Nach dem Sprung aus großer Höhe begaben er und seine Kollegen, die jüdischen Emigranten Hans Wijnberg und Fred Mayer, sich auf versteckten Wegen in ihr Heimatdorf Oberperfuss.

So wurde Oberperfuss zu einem der Brennpunkte des lokalen Widerstands in Tirol. Von hier aus konnten die drei Agenten, mit tatkräftiger Unterstützung der Dorfgemeinschaft, wertvolle Informationen an die Alliierten übermitteln. Funker Hans Wijnberg sandte 60 Nachrichten an die OSS-Zentrale im italienischen Bari. Aber das war noch nicht alles: In den letzten Tagen des Krieges gelang es Weber und seinen Gefährten, zusammen mit Innsbrucker Widerstandskämpfern, den Tiroler Gauleiter Franz Hofer und dessen Gefolge festzunehmen, einen vorzeitigen Waffenstillstand im Herzstück der "Alpenfestung" zu bewirken und schließlich Innsbruck ohne Gefecht den US-Truppen zu übergeben.

"In den USA stellt die Operation Greenup eine bekannte Erzählung dar", sagt der Historiker Peter Pirker, der die damaligen Ereignisse akribisch untersucht hat. "Bereits 1946 erschienen die ersten umfangreichen Artikel zu dieser Operation in der amerikanischen Presse. Durch Quentin Tarantinos Film 'Inglourious Basterds' wuchs später das Interesse an solchen Missionen erneut. In den USA ist die Geschichte der Operation Greenup durch zahlreiche Veröffentlichungen und ein großes öffentliches Interesse zu einem legendären Beispiel des Widerstands gegen das NS-Regime geworden."

In Tirol hingegen ist das Interesse wesentlich geringer. In der lokalen Erinnerungskultur spielen die Operation Greenup und die Heldentaten von Franz Weber und seinen Verbündeten kaum eine Rolle. In Oberperfuss, wo die Ereignisse stattfanden, möchten viele Menschen am liebsten darüber schweigen.

Günter Kaindlstorfer schildert die Ereignisse der Operation Greenup detailliert in einem Hörfunkbeitrag mithilfe bislang unbekannten Originalton- und Interviewmaterials, teilweise aus bisher ungeöffneten Archiven.

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"Anatomie einer Geheimdienstaktion" im Überblick

Anatomie einer Geheimdienstaktion

von Günter Kaindlstorfer

Mit Josef Lorenz, Karl Menrad

Sendezeit Sa, 06.12.2025 | 09:05 - 10:00 Uhr
Sendung Ö1 "Hörbilder"
Radiosendung