Live im HSV-Stadion

Über die Kunst einer guten Fußball-Reportage

Ein Fußballfeld von oben - der Blickwinkel von Fußball-Kommentatoren
Ein Fußballfeld von oben - der Blickwinkel von Fußball-Kommentatoren © Alfredo Camacho / stock.xchng

3. Seite: Emotionalität in der Endphase

Zum Spielende steht Jörg Tegelhütter auf, um mehr Emotionalität transportieren zu können
Zum Spielende steht Jörg Tegelhütter auf, um mehr Emotionalität transportieren zu können © Laya Moghaddam / phonostar

Mit nur wenigen Minuten Pause ist Tegelhütter fast ununterbrochen live auf Sendung. "Huntelaar ist am Ball. Er zaubert den Ball am ersten Pfosten mit der Hacke über Drobny hinweg und ... der Ball ist im Netz. Eins zu zwei. Rückstand für den HSV", kommentiert Tegelhütter, dessen nüchterne Stimme nur noch wenige Minuten anhält.

Als die Schlussphase des Spiels beginnt, springt er von seinem Sitz auf. Er beugt sich nach vorn, streckt seinen Arm aus und zeigt aufs Spielfeld. Seine Stimme wird lauter: "Der Schiedsrichter guckt schon auf die Uhr. Und der HSV hat keine Ideen mehr, der HSV hat keine Kraft mehr ..."

Tegelhütter geht in die Knie, ballt seine rechte Hand zur Faust, starrt aufs Spielfeld und springt mit dem Schlusspfiff einen Satz zurück: "... beim HSV ist die Tristesse eingekehrt. Das bedeutet den letzten Tabellenplatz in der Bundesliga."

Fußball-Kommentatoren erzeugen mit ihrer Stimme Bilder im Kopf der Hörer

Er schüttelt energisch den Kopf. Das Spiel ist aus. Ein NDR-Kollege ist bereits in die sogenannte Mixzone geeilt, wo Presseleute auf Spieler und Trainer treffen. Dort wird er versuchen, einige O-Töne einzufangen, die in die weitere Berichterstattung eingeflochten werden.

Nun hat Tegelhütter noch wenige Sekunden Zeit bis zur nächsten Schaltung, in der er die Geschehnisse noch einmal zusammenfassen und einordnen wird. "Gegen Ende des Spiels stehe ich immer auf: wegen der Anspannung und weil ich glaube, dass sich meine Bewegungen und Gesten - auch wenn sie niemand sieht - zumindest auf meine Stimme übertragen." Sie klinge dann freier, emotionaler und könne die Stimmung besser vermitteln. "Ich mag es, mit meiner Stimme und meinen Worten Bilder zu erzeugen. Das ist die Kunst, die eine normale von einer guten Reportage unterscheidet."